Aufatmen in Österreich // Unsere erste Reise nach 15 Monaten | Ein Reisebericht


Wie lange habe ich davon geträumt, Singapur endlich verlassen zu können. Und das meinte ich – zumindest zu Beginn – gar nicht endgültig. Erinnert ihr euch noch, wie wir alle im April 2020 über die erste Reise nach dem Lockdown unterhalten haben und gemeinsam Pläne für schöne Reisen nach Bali, Thailand oder Australien geschmiegt haben? Nun ja, wir wissen ja alle, wie das für uns in Singapur ausgegangen ist. Und während zumindest Europa im Sommer 2020 wieder einigermaßen frei innerhalb ihres Kontinents reisen konnte, saßen wir in Singapur ziemlich genau 15 Monate fest, ohne Vorfreude auf kommende Trips raus aus der Stadt. Denn hätten wir Singapur verlassen, so wäre die Chance groß gewesen, dass wir entweder gar nicht mehr ins Land zurückgekommen wären, oder aber im “besten Fall” eine 14-tägige Hotelquarantäne für sage und schreibe SGD 2000 hätten machen müssen. Nicht wirklich aussichtsreiche Optionen also für einen erholsamen Urlaub.

Je weiter die Zeit voranschritt, desto mehr sehnte ich mich in die Weite. Genug Wolkenkratzer, Asphalt und die immer gleiche, schwüle Luft gefiltert durch klebrige Masken. Ich wollte raus, einfach irgendwo hin. Ohne Contact-Tracing und ständige Überwachung begleitet mit der Angst, einen Fehltritt zu begehen. Der Begriff Freiheit bekam in dieser Zeit für mich eine ganz neue Bedeutung.

Als wir also Singapur verlassen haben, gab es für uns nur einen Plan: Ein Auto mieten und dann nichts wie los, irgendwo hin. Das haben wir auch gemacht. Und sind in Österreich, im wunderschönen Kamptal gelandet.

Kamptal, Österreich

Das Kamptal in Niederösterreich, das nach dem gleichnamigen Fluss benannt ist, erstreckt sich auf 35 Kilometer dicht mit Rebstöcken bepflanzte, sonnenverwöhnte Hügel und bot uns dadurch nicht nur genug Weite, sondern auch viel frische Luft. Und Wein!

Österreich liegt etwa auf etwa demselben Breitengrad wie Burgund, wo dank unseres lieben Freunds Davide und vielen vielen Abenden mit gutem italienischem Essen und tollen Gesprächen in Singapur nun mein Lieblingsweißwein herkommt. Die besondere geografische Lage und das günstige klimatische Klima bieten eine hervorragende Grundlage für den Weinanbau in Österreich und die Stadt Langenlois am südöstlichen Ende des Kamptals gilt als weinreichste Stadt des Landes. Unsere Wahl fiel also nicht ganz zufällig auf diese Region, hatte ich mich doch während der Lockdowns in Singapur allen voran nach Weingütern und Winetastings gesehnt.

Der Wein

Nun ein wenig Nerdie-Wissen. Trotz der ähnlichen Lage zu Burgund, ist das Kamptal so gar nicht mit den beliebten Weinen aus Frankreich zu vergleichen. Im Kamptal gibt es eine ganz spezielle Bodenstruktur, die von Wüstensandstein mit vulkanischen Bestandteilen, über Löss- und Lehmterrassen ziemlich viel anbieten, was fute Voraussetzungen für eine Vielfalt an Weintypen ist. Dazu kommt ein großer Temperaturunterschied zwischen den Jahreszeiten, aber auch tags und nachts. Alle Faktoren tragen zur Entwicklung von frischen, aromatischen Weinen mit einem guten Körper und feinem Charakter bei. Am meisten bekannt für Österreich ist uns wohl der Grüne Veltliner, der etwa die Hälfte der Produktion rund um Langenlois ausmacht sowie Riesling, der wohl, anders als bei uns in Deutschland, viel trockener daherkommt. Weitere angebaute Sorten sind Weißburgunder, und Chardonnay, Sauvigon Blanc und Pinot Noir sowie lokal-typische Sorten wie der St. Laurent und der Zweigelt. Wobei die letzten drei Rotweinsorten sind, die im weißweinreichen Kamptal von den anderen Sorten stark dominiert werden.

Das Kamptal hat übrigens mit dem DAC (Districtus Austriae Controllatus) sein eigenes Qualitätssystem eingeführt, das Qualitätskriterien wie Herkunft, Mindestalkoholgehalt, Höchsterträge und zugelassene Rebsorten festlegt und den Stil eines Weins im Vergleich zum Typ der Region vergleicht, ähnlich wie das französische AOC-System, das italienische DOCG-System, oder auch unser deutsches Prädikatssystem.

Schlafen inmitten der Weingärten: Unsere Unterkunft

Für unsere erste Reise in knapp zwei Jahren (wenn man unsere kleine Kreuzfahrt nicht mitzählt), haben wir das Loisium Wine & Spa Hotel in Langenlois gewählt, welches passenderweise als „Oase für Weinliebhaber” vermarktet wird. Offen gesagt waren wir mit dem Hotel aber nur eingeschränkt zufrieden, denn obwohl die Gastronomie und die Umgebung und Gestaltung des Hotels erstklassig waren, war der Service unterirdisch und völlig am Thema “Wein” vorbei. Von einem sogenanntem “Weinhotel” hätte ich zumindest ein Begrüßungsgetränk erwartet. Trotzdem haben wir einige erholsame Tage inmitten der wunderschönen Weingärten verbracht und den Pool in der sommerlichen Hitze gut ausnutzen können.

Aktivitäten im KampTal

Nachdem die letzten Wochen für uns unglaublich stressig und ereignisreich gewesen waren, wollten wir in Österreich vor allem entspannen, gleichzeitig aber auch unsere wiedergewonnene Freiheit genießen und feiern. Deshalb planten wir, so viel Zeit wie möglich draußen zu verbringen, das regionale Essen auszukosten und die vielen ortsansässigen Weingüter abklappern, um eine möglichst große Übersicht über die Weine und die Region zu bekommen. Wer also gerne Zeit in der Natur verbringt, gutes und regionales Essen schätzt und ein Faible für Wein hat, für den ist die Region rund um das Kamptal wohl der perfekte Kurzurlaub.

Folgendes haben wir während der Zeit in Langenlois unternommen:

Visiting The wineries

Als wir in Langenlois ankamen, waren wir überrascht, dass wir nicht mit einem Glas Wein (oder Sekt) und einigen Informationen aus dem so genannten „Weinhotel“ begrüßt wurden. Wir hätten uns über ein paar wertvolle Einblicke und Tipps zur Gestaltung der nächsten Tage gefreut. Da die einzige Unterstützung, die wir bekamen, eine Broschüre mit einer Liste aller Weingüter in der Stadt war, riefen wir kurzentschlossen selbst bei den Weingütern an, um zu fragen, ob wir diese besichtigen könnten. Wie sich herausstellte, war dies ein wahrer Segen, denn wir landeten dadurch in zwei liebevoll familiengeführten Weingütern, die wir auf Google gar nicht gefunden hätten. Dort lernten wir viel über Weinbau und die Führung eines Familienbetriebs in der dritten Generation und tauschten uns mit einer gleichgesinnten Gesellschaft aus.

You can read more about the wineries we have visited here (English only).

Weinweg Langenlois

Der Weinweg Langenlois ist – wie der Name schon vermuten lässt – ein acht Kilometer langer Weg entlang und durch die Weinberge, der viele Plätze zum Genießen der Aussicht und zum Rasten inmitten der Weinberge bietet. Der Weg führt durch die Weinbergslagen Dechant, Käferberg, Steinhaus und Schenkenbichl und gibt hier und da Informationen über die Trauben und den Weinbau, die meist von örtlichen Landwirten und Winzern präsentiert werden.

Die Wanderung selbst dauert etwa 2 Stunden, aber uns wurde gesagt, dass einige der örtlichen Landwirte an den Wochenenden einen Stand entlang des Weges haben und kostenlosen Wein ausschenken oder Kostproben ihrer Produkte anbieten. Eine tolle Gelegenheit, etwas über die Trauben zu erfahren und die örtlichen Winzer kennen zu lernen.

Es gibt auch die Möglichkeit, einen Schlüssel zu erwerben, der einem wohl Zugang zu ein paar sogenannten “Wine Safes” entlang des Weges verschafft. Allerdings kostet der Spaß 50 Euro pro Person, was wir als viel zu teuer empfunden haben. Inspiriert von der Idee, haben wir einfach unsere eigene Flasche Wein aus der Region in einem Rucksack mitgenommen und sie hier und da ausgepackt um uns zu erfrischen.

Lokale Küche!

Die niederösterreichische Küche ist insbesondere durch heimische Produkte bestimmt – perfekt also für uns, die zwei Jahre lang asiatisch oder international gegessen haben. Frischer weißer (!) Spargel aus der Region, kantiges Brot und der vielbesagte Wein haben uns in den ortsansässigen “Heurigen” nicht enttäuscht. Und zur Feier unseres Hochzeitstages ging es dann sogar noch in ein “Haubenrestaurant”.

Folgende Restaurants kann ich euch in Langenlois ans Herz legen:

Heurigenhof Bründlmayer

Walterstraße 14, 3550 Langenlois, Österreich

Der Heurigenhof im berühmten Weingut Bründmayer verwandelt sich am Abend in einen Treffpunkt für Liebhaber von gutem Essen und Wein. Während das Wort „Heurige“ eine gewisse Rustikalität und niedrigere Preise erwarten lässt, ist der Heurigenhof zweifellos gehobener als das durchschnittliche Weingut-Restaurant. Im Sommer bezaubert das wunderbar erhaltene Renaissance-Winzerhaus mit seinem charmanten, zeitlosen Innenhof und serviert klassische europäische Küche, die die eleganten Weine des Weinguts perfekt ergänzt (die übrigens zum „Kellerpreis“ erworben werden können!).


Mörwald Relais & Châteaux Gourmet Toni M.

Kleine Zeile 15, 3483 Feuersbrunn, Österreich

Im Herzen der Weinbauregion Wagram liegt das Dorf Feuersbrunn – der Ort, an dem man die österreichische „Art de Vivre“ genießen kann. Denn es ist die Heimat von Toni Mörwald, einem Feinschmecker und preisgekrönten Küchenchef und erfolgreichen Autor österreichischer Kochbücher. Im Relais & Châteaux fungiert er als Großkoch und serviert klassische Haute Cuisine mit einem modernen, leicht asiatischen Touch zu gehobenen, aber ziemlich fairen Preisen.

Für uns waren die paar Tage in der Natur ein wahrer Segen und wir haben das Kamptal mit so einigen Fläschchen Wein im Gepäck glücklich verlassen. Allerdings ging es nicht nach Hause, sondern in das nächste Land – die Freiheit musste ausgekostet werden. Davon aber ein andermal mehr!


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